Solidarisches Netzwerk von Nachbarschaft und Gewerbetreibenden in Berlin-Kreuzberg

NaGe-Netz Treffen im Februar

Plenum

Am Montag, den 11. Februar um 19 Uhr fand wieder das NaGe-Plenum statt. Dieses Mal waren 19 Aktive und Interessierte dabei aus Nachbarschaft, Gewerbe, Organisationen und Initiativen wie Kotti e.V., Stadtprojekte e.V., Kotti&Co, Bizim Kiez, Netzwerkstelle Wrangelkiez, aquarium/Südblock, NoHostel, OraNostra, NKZ Mieterrat, AKS Gemeinwohl, Stadtteilkoordination Mitte, Gast: die Grünen

Nachrichten aus den Kiezen und den Initiativen – Kurz-Updates
Gegen den Hotelbau auf dem Grundstück Skalitzer/Mariannenstraße hat sich die Initiative No Hostel formiert, die sich nun immer mittwochs um 19 Uhr im Mahalle trifft. Am 20. Februar geht die Initiative in die Sitzung des Bauausschusses. Empfohlen wird, dass sich dort möglichst viele Leute einfinden, da alle Themen, die an dem Tag besprochen werden, relevant sind. Bislang ist noch nicht sicher, ob man überhaupt noch etwas gegen die Errichtung eines Hostels unternehmen kann. Die Grünen gaben beim Plenum weitere Informationen bekannt. So ist das Gelände im Baunutzungsplan als Arbeitsgebiet eingetragen und Wohnen ist somit nicht möglich, ausschließlich Gewerbe. 2010 wurde bereits eine Bauvoranfrage für Hotelnutzung gestellt und ein Bauvorbescheid ausgestellt. Darauf aufbauend gab es 2014 einen Bauauftrag. Seit 2011 gibt es zusätzlich die Seveso-Verordnung, die einen Bannkreis, in welchem sich auch das Grundstück befindet, um den Galvanik-Betrieb vorsieht. Dadurch können beispielsweise auch keine Geflüchtetenunterkünfte gebaut werden, wie es in Gewerbegebieten normalerweise möglich wäre.

Die Diskussion um Hotelbauten zieht sich bereits über Jahre: 2010 wurde von der BVV beschlossen, dass nur noch kleine Hotelbauten möglich sein sollen. Dies wurde dann aber von der Senatsverwaltung anders entschieden. Außerdem wurde beschlossen, einen Hotelentwicklungsplan auf Landesebene zu erstellen, um die Ansiedelung von bestimmten Gewerben zu steuern. Dieser lässt allerdings nach wie vor auf sich warten.

Thema: Tourismus
OraNostra befragte 64 Gewerbetreibende auf der Oranienstraße zum Thema Tourismus im Kiez. Diese exemplarische Umfrage ergab folgende Schlussfolgerungen:

  • Starke Umsatzeinbrüche bei gleichzeitigen Mieterhöhungen (von 17,40€ auf 44 €/qm kalt)
  • Viele Stammkunden bleiben weg
  • Einige sagen die Touristen sind schuld, da alles vor den Spätis und Schnellimbiss-Restaurants stattfindet
  • Andere sehen auch Vorteile, aber die Menge an Touristen sei zu hoch. Außerdem sind es meistens nur Eventhungrige
  • Abhilfe könnte schaffen: Übernachtungen eindämmen, keine weiteren Hotels, Bewusstsein schaffen

Die Möglichkeiten des NaGe-Netzes sind zukünftig, Plattformen zu schaffen, wie stadtverträglicher Tourismus gestaltet werden kann. Dazu wird das Thema in die Netzwerktreffen mit aufgenommen und immer wieder als Schwerpunkt gesetzt.

Umfrage an 64 Gewerbetreibende von OraNostra

  • An der Befragung haben insgesamt 64 Gewerbetreibende aus dem Oranienstraßenkiez teilgenommen.
  • Die Antworten konnten mehrfach angekreuzt werden.
  • Einige haben auch Kommentare zusätzlich geschrieben, die Kursiv unter den Antworten stehen.
  • Die Umfrage ist nicht repräsentativ sondern ein begrenztes Stimmungsbild.
  • Anzahl der abgegebenen Stimmen für die jeweilige Antwort ist die Ziffer davor.

Welche Auswirkungen hat der zunehmende Tourismus auf mein Geschäft?
12 Keine
47 Stammkunden bleiben weg, weil … zu belebt auf der Straße, kein gemütliches Einkaufen, finanzielle Einbußen bis zu 40% letztes Jahr
08 belebend oder zumindest ausgleichende Einnahmen hält sich vorwiegend in den Sommermonaten die Waage

Wie habe ich meine Angebote darauf eingerichtet?
09 Keine Veränderungen
42 Touristische Bedürfnisse werden vermehrt berücksichtigt
12 Touristische Angebote prägen den Verkauf

Wie ist die Kommunikation mit den Kunden?
42 So wie immer
14 Schwieriger, da ich nicht so viele Fremdsprachen spreche
41 Beratungsangebote gehen zurück

Wie verhalten sich Eure Stammkunden gegenüber Touristen und touristischen Angeboten?
18 Sind aufgeschlossen und nehmen Kontakt auf, wollen etwas Neues ausprobieren
14 Lassen sich nicht beeindrucken
08 Sind eher genervt besonders zu Stoßzeiten an den Wochenenden

Wie beeinflusst euch persönlich die wachsende Zahl von Touristen?
17 Gar nicht
05 Ich suche diese Angebot genauso wie sie auf
27 Ich meide die Orte, wenn ich kann
Kommentar: Die Anzahl der Touristen und wie sie auftreten ist ausschlaggebend.

Welche Verhaltensweisen von Touristen finde positiv? Welche Vorteile bieten sich mir?
12 Touristen beleben die Gegend und bringen neue Impulse
08 Ich kann mich über deren Leben austauschen und erfahre persönliche Ansichten über andere Länder/Regionen
11 Ich kann Nachrichten aus anderen Regionen/Ländern besser verstehen
12 Mich interessieren Touristen nicht
Kommentare: positiv: Austausch, Erfahrungen aus anderen Regionen und Ländern, besseres Verständnis waren insbesondere bei Geschäften mit  Musik, Spätkauf-Läden. Eher negativ: Bekleidungs- u. Fachgeschäfte. Die Anzahl der Touristen ist entscheidend. Einzelne Touristen oder kleine Gruppen sind i.d. Regel offener und ansprechbarer

Welche Verhaltensweisen von Touristen oder was im Tourismus-Geschäft beeinträchtigen mich?
59 Die große Anzahl der Leute in bestimmten Regionen
41 Das Verhalten …… Was genau? Unachtsamkeit, respektloses Verhalten, Verschmutzung der Umgebung, kein Bezug zum Kiez, kein Interesse an den Menschen vor Ort
62 Die Veränderungen des Wohnumfeldes mit zunehmend touristischer Ausrichtung
59 Ich fühle mich zunehmend fremd in meinem Umfeld
57 Die Mieten steigen als Folge von Annahmen, dass mehr Umsatz gemacht wird
02 Keine Beeinträchtigung

Wie stelle ich mir eine positive Entwicklung des Tourismus vor?
11 Interesse am Leben der Wohnbevölkerung durch spezielle Angebote wecken
14 Gemeinsame Angebote für alle zum Kennenlernen zu fairen Preisen oder umsonst
29 Keine Werbung für HotSpots, die ausschließlich auf Konsum ausgerichtet sind
49 Mehr Infos über angemessenes Verhalten in Wohngebieten, Vorschläge …
Kommentare: Wurde als sinnvoll aber unrealistisch angesehen. Hotels, Hostels aber auch Restaurants und Cafés sollten ihre Gäste informieren, dass sie in Wohngebieten übernachten, dazu Verhaltenshinweise geben.

Wenn ich entscheiden könnte, was würde ich vordringlich angehen, damit sich Tourismus und urbanes Leben gut entwickeln?
63 Keine weiteren Hotel-, Hostelgenehmigungen und Verbot von Bettenangeboten mit ausschließlich wirtschaftlichen Gewinnabsichten
61 Keine Umwandlungsgenehmigungen von lokalen Geschäften in Schnellimbiss, Spätkauf. Gastronomische Betriebe mit starker Begrenzung nach Anzahl bereits vorhandener Alteingesessener
47 Eingrenzung der Nutzung von öffentlichem Straßenland für touristische Zwecke
29 Zeitliche Begrenzung und Kontrolle von Aufenthalten vor Kneipen, Lokalen, Cafés, Spätkaufläden
31 Gemeinsame Kommunikationsräume ohne Konsumzwang schaffen
64 Einführung von Mietpreisbindungen von Geschäfts- und Wohnräumen
05 eigene Vorschläge oder Anmerkungen
Kommentare: Cafés, Kneipen, Spätkauf, Läden mit viel touristischem Leben waren gegen eine eingeschränkte Nutzung des Straßenlandes, ist finanziell günstiger zusätzlicher Schank- und Aufenthaltsraum. Andere Läden, wie Fachhandel, wollten unbedingt stärkere Beschränkungen, da dann die Kunden ungehinderter zu ihnen kommen können. Tourismussteuer für Angebote an Wohnbevölkerung und Touristen zum Kennenlernen verwenden.