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Kinosterben: Das älteste Kino Berlins, das „Moviemento“, soll verdrängt werden

Das „Moviemento“ am Kottbusser Damm, bekannt über Jahrzehnte durch Independent-Filme, Festivals und zahlreiche Veranstaltungen. Mitte Oktober erfuhren die Macher*innen, dass die Räume, in denen sich das älteste Kino Deutschlands seit 1907 befindet, verkauft werden sollen. Die einzige Chance das Kino zu retten scheint die Räume selbst zu kaufen, schreibt das Moviemento: „Uns liegt ein Angebot vor für den Preis von 1.85 Millionen, mit Nebenkosten sind das dann circa 2 Millionen, die wir brauchen“. Am Dienstag wurde eine Crowdfunding-Kampagne gestartet: 400.000 Euro sind bereits im Vorfeld zusammen gekommen, 1,6 Millionen müssen also gesammelt werden. In den ersten beiden Tagen des Crowdfundings wurden bereits über 20.000 Euro gespendet.


zur Crowdfunding Kampagne

Tagesspiegel Leute Heute:

Politik sagt Unterstützung zu. Das Moviemento mobilisiert nicht nur in finanzieller Hinsicht: „Wir haben schon mit Baustadtrat Florian Schmidt, Kulturstaatsministerin Monika Grütters und dem Leiter des Senatorenbüros Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Andreas Prüfer, gesprochen“, berichtet Sörgel. Alle hätten ihnen Unterstützung zugesagt, weitere Gespräche stehen an. „Das Moviementokino befindet sich in einem Haus, dass zur auf Verdrängung basierenden Profitmaximierung aufgeteilt und weiterverkauft wurde“, erklärt Stadtrat Schmidt auf Nachfrage. Er rechne mit viel Solidarität aus ganz Berlin und Deutschland.

Vorkauf nicht möglich. Obwohl das Gebäude am Kottbusser Damm 22 im Milieuschutzgebiet Graefestraße liegt, ist ein potentieller Vorkauf durch den Bezirk ausgeschlossen, weil nicht das ganze Haus, sondern nur die Gewerberäume des Kinos darin verkauft werden sollen; das Haus selbst ist in eine Mischform aus Miet- und Eigentumseinheiten aufgeteilt, momentane Eigentümerin der Moviemento-Räume ist die Delta Vivum Berlin 1 GmbH.

Früher BOW, heute Deutsche Wohnen und Accentro. Die Delta Vivum 1 ist eine alte Bekannte mit neuem Namen: Früher hieß sie BOW 2 GmbH  und war Bestandteil der Unternehmensgruppe ALW von von Unternehmer Andreas Bahe, berühmt-berüchtigt für teure Modernisierungen, Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und Verdrängung. Inzwischen ist die Firma mittels eines Share Deals in den Deutsche Wohnen- und Accentro-Imperien aufgegangen, ebenso wie die BOW 3 GmbH (jetzt Delta Vivum 2; dieser gehört das Wohnhaus in der Reichenberger Straße 55, um das es bereits seit Jahren ein Tauziehen gibt – mehr dazu in den „Namen-und-Neues“-Meldungen).


Hoffen auf guten Willen. „Nichts bedroht kulturelle Orte aktuell so sehr wie die Immobilienspekulation in unseren Städten“, heißt es auf der Kampagnen-Seite des Kinos. Und Sörgel fügt hinzu: „Wir können nur an das Herz der Immoblienkaufleute appellieren, dass sie speziell für den Erhalt des ältesten Kinos Deutschlands den Preis senken.“ Schmidt gibt sich kämpferisch: „Sollte das Kino nicht gesichert werden, könnte der Fall zum Fanal für die Deutsche Wohnen und Accenteo und ihre Profitökonomie werden“, so der Stadtrat.

Quelle: Tagesspiegel

Die taz dazu:


„Bundesweit klagen Filmtheater über leere Kinosäle. Das Moviemento am Kottbusser Damm hat diese Probleme nicht. Und doch ist die Existenz des Lichtspielhauses, das zu den ältesten in Deutschland gehört, bedroht. Der Grund: Immobilienspekulation. Um das Kino zu retten, wollen die Betreiber nun mithilfe von Crowdfunding versuchen, die Räume selbst zu kaufen…“ mehr dazu hier


Mietrebellen

Seit 2013 wird diese erfolgreiche Filmdokumentation im Moviemento präsentiert –
viele Menschen haben dadurch Zugang zum Thema gefunden – ein Songtext im Film:

STOP
Ich habe genug gesehen
denn die Seele streikt
schon vor Jahren machte sich das dunkle Unheil breit
eine grosse Plage, die bei uns ihr Unwesen treibt, geht zu weit
denn ich seh wie mein Bezirk tränen weint

Weitere Bilder / Bildersuche


Das Kinosterben

40 Kinos sind seit 1990 aus Berlin verschwunden

„22 Kinos gab es einst am Ku’damm, jetzt sind es noch zwei. Dass mit dem Niedergang der City West auch die Filmpaläste verschwanden, das glamouröse Gloria, das Marmorhaus, die Filmbühne Wien, das alte Astor – es kam einem in den Sinn, als im Juni am Tauentzien auch noch das kleine Broadway schloss. Auch der Osten hat seit dem Fall der Mauer Verluste zu beklagen, vom Kosmos an der Karl-Marx-Allee über das Börse-Kino des Progress-Verleihs bis zum Forum in Köpenick oder dem Venus in Hohenschönhausen. 40 Lichtspielhäuser haben seit 1990 in Berlin ihr Leben gelassen, Traditionshäuser an den Boulevards, Kinos im Kiez.“


eines davon, das
Kino Eiszeit – in der Zeughofstr. 20

„1985 zog das Eiszeit-Kino in einen Hinterhof in der Zeughofstraße, es entwickelte sich mit seinen beiden kleinen Sälen zu einem der führenden Programmkinos in Berlin.“