Solidarisches Netzwerk von Nachbarschaft und Gewerbetreibenden in Berlin-Kreuzberg

Corona-Grundsicherung

Welche Unterstützung gibt es für meine Lebenshaltungskosten?

Die schnell auf den Weg gebrachte Soforthilfe II für Solo-Selbständige, Freiberufliche und Kleinstunternehmen soll für die Betroffenen die berufliche und betriebliche Existenz in den nächsten 3 Monaten absichern, doch eine andere Frage bleibt für viele: Wie bezahle ich meine Lebenshaltungskosten?

Neben den Hilfsprogrammen für Unternehmen hat der Bundestag am 27. März 2020 auch das „Sozialschutz-Paket“ beschlossen. Dadurch wird unter anderem der Zugang zur Grundsicherung nach SGB II (Hartz IV) erleichtert. Denn die Corona-Soforthilfen dienen eben nur zur Absicherung der Betriebsausgaben. Wer also als Solo-Selbstständige*r, Freiberufler*in oder Kleinstunternehmer*in aufgrund fehlender Einnahmen jetzt auch die Wohnungsmiete, Krankenversicherungsbeiträge oder ähnliches nicht mehr bezahlen kann, muss zusätzlich ALG II (Hartz IV) beantragen.

Corona-Grundsicherung: erleichterter Zugang zu Hartz IV

„Erleichterter Zugang“ bedeutet leider nicht, dass einem der Papierkram erspart bleibt, der immer schon diejenigen erwartet, die Hartz IV beantragen müssen. Dazu erschien unlängst ein sehr guter Beitrag in der Süddeutschen. Mit „erleichtert“ ist lediglich gemeint, dass einige Zugangsbeschränkungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende vorläufig aufgehoben werden. Aber eben nicht alle: Die Prüfung, ob der oder die Lebenspartner*in für meine Lebenshaltungskosten (mit)aufkommen kann, findet weiterhin statt! Wichtig ist auch, dass die Zugangserleichterung nur für Erstanträge gilt. Wer also vor dem 1. März 2020 schon Grundsicherung nach SGB II bezogen hat, ist von den Änderungen ausgenommen. 

Erleichterter Zugang 1: Vermögensprüfung ausgesetzt

So läuft es normalerweise: Wenn ich Hartz IV beantrage, entweder weil ich arbeitssuchend bin oder weil ich als Selbstständige*r meine Einnahmen mit ALG II aufstocken muss, dann prüft das Jobcenter auch meine Vermögensverhältnisse. Dazu fülle ich eine Anlage zum Hauptantrag aus und muss für alle meine Angaben (Konto-Stände, Versicherungen etc.) Nachweise erbringen. Übersteigt mein Vermögen aus Spareinlagen, privaten Lebensversicherungen o. ä. das sogenannte Schonvermögen, muss ich, was diesen Betrag übersteigt, zunächst für meine Lebenshaltungskosten aufwenden, bevor ich Anspruch auf Hartz IV habe. Das kann unter Umständen bedeuten, dass ich meine private Lebensversicherung auflösen oder beleihen muss.

Während der Corona-Krise: Im Rahmen des „Sozialschutz-Pakets“ wird die Vermögensprüfung vorübergehend ausgesetzt.

Erleichterter Zugang 2: Keine Bemessungsgrenze für Wohnungskosten

So läuft es normalerweise: Bei Hartz IV gibt es für alles mögliche Bemessungsgrenzen, so auch für den Wohnraum. Welche Quadratmeterzahl ist für eine Einzelperson angemessen? Wie viel Miete übernimmt das Jobcenter maximal? Für einen Single darf die Wohnung in Berlin nicht größer als 50 qm sein, für 2 Personen sind es 60 qm usw. Der Richtwert für die Mietkosten-Obergrenze liegt für einen Single aktuell bei monatlich 404,00 Euro (nicht mitgerechnet Heiz- und Warmwasserkosten). Liegen die tatsächlichen Kosten darüber, müssen die Mehrkosten im Zweifelsfall selbst getragen werden, oder es muss eine neue Wohnung gesucht werden.

Während der Corona-Krise: Im Rahmen des „Sozialschutz-Pakets“ werden vorübergehend die tatsächlichen Kosten für Wohnraum übernommen, auch wenn sie über den Bemessungs- bzw. Obergrenzen liegen.

WICHTIG: Stromkosten werden vom Jobcenter grundsätzlich nicht übernommen und müssen aus dem Hartz IV Regelsatz bestritten werden. Der Regelsatz ist der Betrag, den ich zusätzlich zu Aufwendungen für Miete und Krankenversicherung erhalte und von dem ich alles bezahle, was ich sonst zum Leben benötige (Einkäufe, Internet usw.)

Wo beantrage ich die Corona-Grundsicherung?

Grundsätzlich beim Jobcenter, und zwar in dem Bezirk, in dem ich gemeldet bin. Alles zur Beantragung von Hartz IV während der Corona-Krise sowie die Antragsunterlagen findet ihr auf der Seite zur Corona-Grundsicherung der Bundesagentur für Arbeit. 

Die Anträge können digital ausgefüllt, dann aber ausgedruckt und per Post ans Jobcenter in eurem Bezirk gesendet oder direkt selbst in den Hausbriefkasten geworfen werden. Das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg ist in der Rudi-Dutschke-Straße 3, 10969 Berlin. Falls ihr keinen Drucker parat habt, ist die Antragstellung auch formlos möglich – per Mail oder telefonisch.

In welchem Zeitraum gilt der vereinfachte Zugang?

Rückwirkend zum 1. März bis zunächst 30. Juni 2020. Die Bundesregierung kann den Zeitraum bis zum 31. Dezember verlängern. Das ermöglicht den Jobcentern im Bedarfsfall eine Weiterbewilligung von Hartz IV, ohne dass ein Weiterbewilligungsantrag eingereicht werden muss.

Ich habe während der Corona-Krise Einnahmen, die aber meine Lebenshaltungskosten nicht decken. Habe ich Anspruch auf Grundsicherung?

Ja!

Wenn ich schon ganz genau weiß, wie hoch meine Einnahmen im Bewilligungszeitraum sein werden, trage ich sie in die vereinfachte Anlage zum Einkommen ein. Dann wird die Grundsicherung direkt mit meinen Einnahmen verrechnet. 

Falls ich mir aber nicht sicher bin, wie hoch meine Einnahmen in den nächsten 6 Monaten (Bewilligungszeitraum) sein werden, sollte ich keine großzügigen Schätzungen vornehmen, denn im Zweifelsfall fehlt mir das Geld zum Leben. Die Verrechnung von Einnahmen und Grundsicherung findet dann erst nach dem Bewilligungszeitraum statt. Stellt sich dann heraus, dass mir das Jobcenter zu viel gezahlt hat, muss ich diese Überzahlung zurückzahlen. 

Was dabei sonst noch zu beachten ist, teilt mir das Jobcenter mit meinem Bewilligungsbescheid genau mit.

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