„Wir bauen die Stadt“ sagt Matthias Groß, Geschäftsführer der Pandion. Genau das machen Unternehmen, die als Immobilienentwickler antreten wie Pandion, Signa, CG oder Edge Technologies in Berlin: Sie bauen eine funktionale, saubere aber vor allem wertsteigernde Stadt. Diese Stadt wird von privaten Investoren geplant und gebaut. Es entstehen Räume und Orte, die nicht primär den Nachbarschaften und ihren Bewohner*Innen dienen, sondern sie funktionieren als Kapitalanlagen. Diese auf den Kapitalmarkt ausgerichteten Immobilienentwicklungen haben großen Einfluss auf die Straßenzüge, Nachbarschaften und Quartiere um die neuen Gebäude herum.
Zwei solcher von Pandion zielgenau entwickelten und bereits an die Deutsche Bank verkauften Wertobjekte stehen unübersehbar an der Prinzenstraße in Berlin Kreuzberg: The Shelf und The Grid.
Zwei Bürokomplexe, an der Stelle wo früher Robben und Wientjes Fahrzeuge verlieh. In den beiden Bürokomplexen werden Gewerbeflächen angeboten, deren durchschnittliche Quadratmeterpreise einen neuen Maßstab setzen werden für die Gewerbemieten in Kreuzberg.
Die Stadt als Kapitalanlage – warum ist das ein Problem?
Bei der Entwicklung einer Kapitalanlage, um also aus der Stadt ein vermarktbares Asset zu machen, braucht es keine Nachbar*innen mit unterschiedlich hohem Einkommen, keine Spätis, keine Buchläden und keine sozialen Beratungsstellen, keine Kitas und auch keine Gemischtwarenläden.
Eine Stadt als Kapitalanlage braucht hochpreisige Gewerbeflächen und solvente Mieter*innen. Denn es geht darum, mit dem Anlageobjekt Gewinne zu erzielen, sie zu steigern und abzuschöpfen.
Gegen diese Art der Stadtentwicklung gibt es nicht nur Protest von den Menschen, die in solchen Kapitalanlagen keinen Platz mehr haben, sondern auch aus der Architektur und Branche der Entwickler*innen selbst. So wird beispielsweise in der FAZ nur noch rhetorisch gefragt, „sind unsere Städte am Ende“, wenn „innerstädtische Liegenschaften meistbietend verhökert und die Bebauung der Zentren privaten Investoren überlassen wird, die die früher lebendige Innenstädte in begehbare Anlagedepots verwandelt haben.“
Nur eine Straße entfernt von den neu entwickelten Geldanlagen The Shelf und The Grid, zeigt sich in der Oranienstraße 25 bereits, was das für die langjährig ansässigen Gewerbemieter*innen bedeutet: Ihnen werden Verträge mit Quadratmeterpreisen von 38€ angeboten. Der Buchladen, das Museum der Dinge, das Künstlerkollektiv ngbk und andere werden sich das nicht leisten können.
Sie gehören – aus Investorensicht – eben nicht zu den wertsteigernden Nutzungen und müssen weichen. Wohnungsmietverträge, bei denen durch die teilgewerbliche Nutzungsmöglichkeit der Wohnung der Mietendeckel umgangen wird, sind für viele Nachbarinnen auch nicht zu bezahlen. Ihr Leben, ihre Wohn- und Arbeitsorte, ihre Nachbarschaften sind nicht gewinnsteigernd. Für diejenigen, die in der Stadt mit ihren Assets Monopoly spielen, spielen die bisherigen Nutzerinnen keine aktive Rolle. Ihre Aufgabe ist es aufzugeben – sich aus dem Spiel werfen zu lassen.
Pandion ist sich des Problems sogar bewusst.
Pandion-Geschäftsführer Matthias Groß möchte „der Nachbarschaft etwas zurückgeben“. Und daher bietet Pandion ausgewählten Kulturschaffenden und gemeinwohlorientierten Organisationen einen „space 4 ideas“.
Dieser Raum für Ideen wurde auch direkt den Nutzer*innen angeboten, denen gerade die Verdrängung aus der Oranienstraße 25 droht, aufgrund der dortigen exorbitanten Mietsteigerung. Die Bedingungen, die Pandion gewünschten Nutzer*innen stellt, passen allerdings weder auf die Nutzung durch den Buchladen Kisch & Co noch haben sie mit der Nachbarschaft überhaupt zu tun. Vielmehr wird die Nachbarschaft vom Projektentwickler Pandion AG aufgefordert, einen Beitrag zur Wertsteigerung zu leisten.
So kann keine Stadt für alle entstehen.
Eine lebendige Stadt kann kein Anlagedepot sein. Sie ist kein zur profitablen Geldanlage konzipiertes Asset im Portfolio der Deutschen Bank. Ihre Räume und Orte dienen nicht zuerst der Investition, sondern den Menschen, die darin leben. Die Stadt, das muss ein Ort sein für viele Menschen mit unterschiedlichen Ressourcen und Bedürfnissen. Bei der Planung und Erhaltung von städtischen Quartieren sollte es um andere Dinge gehen: Darum, ob sich alle in der Nachbarschaft mit Lebensmitteln versorgen können, ob sich auch Menschen mit geringem Einkommen eine Wohnung leisten, ein Gewerbe betreiben oder einen Kitaplatz finden können, und ob es eine soziale Beratungsstelle, einen Atelierraum, eine Allgemeinarztpraxis, ein Museum oder einen Vereinsraum gibt.
Das Beispiel Pandion zeigt: Wenn die Stadt nicht von uns allen getragen wird, sondern allein von privaten Projektemacher*innen erdacht und gebaut wird, geht sie uns allen verloren.