Solidarisches Netzwerk von Nachbarschaft und Gewerbetreibenden in Berlin-Kreuzberg

#Volle Breitseite für die Oranienstraße 25 – Performances, Songs, Redebeiträge im Sommer 2020 vor dem bedrohten Kulturstandort

Die kooperierenden Initiativen, die aktiv für den Erhalt des Kulturstandort Oranienstr. 25 zusammenarbeiten, haben eine Reihe von ineinander greifende Kampagnenteile erarbeitet. Im Pandemie-Sommer des Jahres 2020 wurde u.a. eine 14-tägige Protestkundgebung auf der Straße ins Leben gerufen, zu der mit abwechslungsreichem Kulturprogramm und Redebeiträgen eingeladen wird. Die übergreifende Problematik der Kündigung von wichtigem Kleingewerbe, wie auch sozialen Einrichtungen und damit der trotz dem Coronavirus weitergehende Ausverkauf der Kieze, wird im Rahmen der Kampagne vor dem Kulturstandort Oranienstr. 25 alle zwei Wochen ganz konkret thematisiert. Viele Projekte, Initiativen, Hausgemeinschaften, einzelne Betroffene können hier öffentlich zu Wort kommen, um ihre eigene Situation darzustellen und damit selbstverständlich gleichzeitig die Oranienstr. 25 mit all deren kulturellen Aktivitäten zu unterstützen.

(Kontakt zum Organisations Team über team@nage-netz.de. An dieser Stelle werden die Videodokumentionen zu den Veranstaltungen laufend ergänzt.)

Ausstellung in der ngbk

Der besondere Sommer 2020 vor der Buchandlung Kisch & Co mit politischen und kulturellen Beiträgen, aber auch unüberhörbarer dringlicher Schilderung weiterer akuter Betroffenheit nicht nur in den bekannten Kiezen

Die Buchhandlung Kisch & Co in der Oranienstraße ist akut von Verdrängung bedroht. Ihr Mietvertrag ist bereits Ende Mai ausgelaufen, denn die Vermieter*innen haben ein unmögliches Knebelangebot – verbunden mit Verschwiegenheitsklauseln – als Bedingung zur Verlängerung gemacht, mit dem sie sich gleichzeitig verpflichtet hätten, endgültig zum Ende des Jahres ihre Räume zu verlassen. Gegenüber anderen Mieter*innen im Haus wurden ebenso extreme Mietsteigerungen angekündigt. Der gesamte Kreuzberger Kulturstandort Oranienstr. 25 ist von Verdrängung bedroht! Und dieser Ort ist etwas ganz besonderes. Dies lässt sich unschwer an der großen Solidarität erkennen.

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Volle Breitseite 7#

Christian am Mikrofon zum Thema Zwangsräumung, Insbesondere auch zu der für zwei Tage später angekündigten polizeilichen Räumung des besetzten sehr symbolträchtigen Hauses in der Liebigstr.34 im Nordkiez von Friedrichshain.
Bei der Räumung des Syndikat’s waren es nach einer Anfrage beim Senat 2974 Einsatzkräfte, davon 179 in Zivil, mit zusammen mindestens 180.000 Einsatzstunden. Die Kosten dafür …. zu Recht stellt auch er die Frage der Verhältnismässigkeit wenn z.B. auf der anderen Seite bei Projekten wie „housing first“, so schildert er es, gerade einmal Plätze für 40 Obdachlose geschaffen werden. „Unfassbar“ ist nicht nur ein emotionales statement.


Volle Breitseite 7#

Mein Hausprojekt hat, gemeinsam mit vielen anderen Hausprojekten, die unter genau dem gleichen leiden,
wie dem was Ihr gerade Kisch &Co und diesem ganzen Haus antut, eine Oper geschrieben –
über dieses Problem und das Drama, das sich in Berlin und in Kreuzberg abspielt.

Sie, Familie Rausing
Sie sind keine Helden in diesem Drama
Zeigt euch erkenntlich
und kommt mit einer Lösung
die es uns möglich macht zu bleiben

Die 2. Arie des Abends am 7. Oktober 2020
gesungen von Marieke Wikesjo

Vad har ännu ett värde? / Was hat noch einen Wert?
Vad? / Was?Vad?Was?
När inte ens kärlek har något värde längre? / Wenn Liebe keinen Wert mehr hat?
När till och med kärlek / Wenn selbst Liebe
krossas av denna världs girighet / an der Käuflichkeit der Welt zerbricht
Allt, ja allt blir bara dyrare / Es wurde teurer, es wurde immer teurer
och det enda vi gör är att betala / wir haben alle gezahlt
och betala och betala / und gezahlt und gezahlt
Vi sliter mer och mer och ännu mer. Dag in. Och dag ut / Nur noch geschufftet Tag für Tag
Vad finns till slut kvar? / Und am Ende, Was bleibt?
… och / …und Vem finns till slut kvar? / Wer bleibt?

mariekewikesjo #lauratibor


Volle Breitseite 6#

Thorsten Willenbrock erläutert die aktuelle Situation. Seit 1. Juni ist der Buchladen nun ohne Mietvertrag, der monatliche Mietzins wird jedoch weiterhin pünktlich überwiesen.
Am 19. Juni kam eine Räumungsaufforderung.
Am 22. September, also einen Tag vor „Volle Breitseite 6#“, kam nun die Räumungsklage. Nicht unerwartet. Damit ist nun die juristische Ebene erreicht, d.h. die zeitliche Abfolge der weiteren Entwicklung wird nun auch von Gerichten bestimmt. Klar ist aber dadurch ebenso, dass im weiteren Vorgehen nun tatsächlich Rösser und Reiter*innen namentlich genannt werden. Noch klarer: „kampflos geht hier niemand“. Das Kulturprogramm wider die Verdrängung eines Kulturstandortes hat gerade erst so richtig begonnen.


Volle Breitseite 6#

Erik Steffen: »Ein kleiner Tisch und wir gucken auf ein Auto … was für ein Wahnsinnsort dieser Buchladen […] ich aber will diesem besonderen Ort eine Wertschätzung ausdrücken, diesem Rettungsanker einer literarischen, sozialen und ökonomischen Gegenwelt… «


Volle Breitseite 5#

Weltweit ist jede 10te Eigentümer*in anonym.

„Jeder von ihnen kann ins Internet gehen, einen Namen von einem Nachbarn nachschlagen und gucken wo diese Person wohnt – ja das Melderegister ist frei zugänglich […] aber wenn sie wissen wollen wem dieses Haus gehört, können sie nicht im Internet nachschlagen, sie können nicht einmal zu einem Amt gehen und sagen, ich würde das gerne wissen, sondern das Amt sagt: Wieso wollen sie das überhaupt wissen …?“

Who really owns your flat? Anti-corruption expert and campaigner Christoph Trautvetter talks about the world of Berlin real estate – „a market dominated by anonymous billionaire landlords and so badly lacking transparency that it’s turned Germany into a hotbed of money laundering.“


Volle Breitseite 4#

Niloufar Tajeri von der Initaitiave Hermannplatz übt scharfe Kritik: Die Rot-Rot-Grüne Landesregierung meint, eine alternativlose Regierung für eine vielfältige Gesellschaft zu sein … Anfang August zeigte diese Koalition, wie sie politische Entscheidungen unter Druck von großen Konzernen trifft – gegen Forderungen aus der Zivilgesellschaft, gegen Sachkompetenz und gegen die eigenen politischen Ziele!

Volle Breitseite 4#

Volle Breitseite 4#

In Zeiten gesteigerter Verwertungsinteressen und angespannter Wohnungsmärkte wird für immer breitere Bevölkerungsteile schmerzhaft erfahrbar, die persönliche Wohnungsfrage individuell nicht mehr lösen zu können. Dabei entstehen im Wohnumfeld und städtischen Raum statt Ressentiments Suchbewegungen nach praktischer Solidarität. Konkrete Mieter*innenkämpfe entwickeln sich zu neuer Stadtteilarbeit.
Peter Nowak und Matthias Coers stellen Initiativen aus dem In- und Ausland vor, geleitet von der Frage, wie Kämpfe um Wohnraum, niedrige Mieten, gegen Verdrängung und die Kämpfe um höhere Löhne und Einkommen zusammen geführt werden können.


Volle Breitseite 4#

Seit vielen Jahren sind die Pizzeria De Noantri und der Görliback in der Görlitzer Straße 63 ein Treffpunkt für die Nachbarschaft des Wrangelkiezes. Nun sind beide Läden von der Kündigung bedroht. Ein weiteres Beispiel für den dramatischen Verdrängungsprozess der letzten Jahre in unserem Kiez. Dagegen wollen wir uns wehren.

Die emotionale Rede von Markus Kammermaier verdeutlicht das Gefühl der Menschen, um die es hier eigentlich geht. Städte können nicht mehr nur ausschliesslich Verwertungsprozessen unterliegen.


Volle Breitseite 4#

Im Dissens – Wem gehört Kreuzberg. „Kreuzberg und Neukölln bestehen aus diversen Gemeinschaften, deren Gewerberäume nicht nur kommerziell betrieben, sondern auch für soziale und kulturelle Aktivitäten genutzt werden. Diese Gewerberäume sind auch Orte des Zusammenkommens und Austausches jenseits von Konsumverpflichtungen, die ein lebendiges Zusammenleben im Kiez fördern.
Das Verschwinden dieser Orte durch Verdrängung bedeutet auch den Verlust einer gewachsenen Berliner Mischung von Wohnen, Kleingewerbe, Sozialem und Kultur. Investmentmanager und Investorinnen, die sich zunehmend hinter anonymen Kapitalgesellschaften verstecken, sind dafür verantwortlich, dass die vielfältigen Kiezstrukturen mehr und mehr verschwinden, nur damit ihr Profit maximiert werden kann. […]“ Text: Kunstblock & beyond und AG Im Dissens


Volle Breitseite 8#

Die Initiative „Deutsche Wohnen enteignen“ am Mikrofon vor der Oranienstrasse 25. 130.000 Unterschriften wurden inwischen für das Volksbegehren gesammelt.


Volle Breitseite 8#

Andrej Holm am Mikrofon, Sozialwissenschaftler mit den Themenschwerpunkten Stadterneuerung, Gentrifizierung und Wohnungspolitik.


Volle Breitseite 7#

Stefan weist in seinem Redebeitrag erneut auf die *Demokratischen Grundrechte* der Bürger*innen hin. Der Senat versucht, nicht nur seiner Meinung nach, diese immer wieder systematisch mit massiver, überzogener, höchst kostenaufwendiger Polizeipräsenz, als kriminelle Vorgehensweisen darzustellen und ausschließlich in eine linksradikale Ecke zu drängen. Dabei gibt es sie mannigfaltig in dieser Stadt, die basis-demokratisch orientierten Menschen, die in der Lage sind das alles sehr viel differenzierter und authentischer zu betrachten und eigentlich den etablierten politischen Strukturen, den politischen Schlammschlachten ohne wirkliche Taten für eine soziale Gesellschaft, ähnlich müde sind wie radikalere Hausbesetzer*innen. Genau dieser Funke, der übertschwappen könnte, wir massiv mit Staatsmacht bekämpft. Dabei scheint es einerlei zu sein, ob ein verantwortlicher Innensenator der CDU oder der SPD angehört.


Volle Breitseite 6#

Lisa Bassenge, längst etabliert in der Jazzszene Deutschlands. Doch ihr Spektrum geht weit über den Jazz hinaus. Ihr Repertoire ist enorm. „Neben klassischem Jazz bewegt sich die Berlinerin stilsicher durch Neo-Chanson, Elektro-Pop und Americana-Songs“ – wird von kompetenter Seite über sie berichtet. Solidarisch mit und vor der Oranienstr. 25 präsentiert sie, begleitet von Kontrabassist Andreas Lang, keineswegs weniger bekannt in der Berliner Jazzszene, u.a. Songs aus ihrem Album „Mothers“, das starke Frauen der Popgeschichte wie Elisabeth Cotten, Irene Kitchings, Joni Mitchell, Lady Gaga, Billie Eilish wiederspiegelt.


Volle Breitseite 6#

Philipp ruft zur Aktion „Bist du es?“ auf.
Macht Fotos des Protests und verbreitet sie über eure Social Media Kanäle. Der Flyer als PDF zum download – bitte weiterverbreiten


Volle Breitseite 6#

Ein Beispiel: Wer etwa 2010 ein Grundstück erwarb und es 2019 wieder veräusserte und zudem das Glück hatte, bzw. die kalkulierte Investition konkret so anlegte, dass es in Friedrichshain-Kreuzberg lag, konnte sein Investment nach knapp zehn Jahren mit mehr als 1500%!!! Gewinn verbuchen. Lorena von der Initiative „23 Häuser sagen Nein“ erläutert Hintergründe.


Volle Breitseite 6#

Florian Günther: »Das Wort „Verdrängung“ begleitet uns Urberliner spätestens seit dem Tage an, als spatzenhirnige Provinzpolitiker und deren reiche Gönner beschlossen haben ihrem malerischen Bonn den Rücken zu kehren, um das wiedervereinte Berlin in eine geistige Einöde zu verwandeln, in der sich ihresgleichen wie zu Hause fühlen kann.

Das nun aber auch ein Denkmal wie der Westberliner Buchladen Kisch & Co verdrängt, also geschliffen werden soll, ist so niederträchtig und beschämend dass wir den verantwortlichen Kretins in die Arme fallen sollten.«


Volle Breitseite 5#

Markus für die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, die bald die zweite Stufe des Volksbegehrens starten


Volle Breitseite 4#

Die Ausstellung in der nGbK Berlin wurde verlängert und ist täglich von 15-20 Uhr zu sehen. Alle ausgestellten Werke von allen Künstler*innen werden gleichwertig in einem einzigen DIN A1 -Buch zusammengeführt. An diesem kann sich jede und jeder weiterhin mit Empörung, Wut, Liebe und Intelligenz beteiligen, auf das es ein Mega-Soli-Buch wider die Ausbeutung unserer Kieze und den Verdrängungsgversuch des Kulturstandortes Oranienstr. 25 wird.


Volle Breitseite 4#

Magnus Hengge, unablässiger Aktivist der neueren Stadtentwicklung auf vielen Ebenen, genauso wie diesbzgl. Mitbegründer zahlreicher Stadtinitiativen und Vernetzungen zur aktuellen Protestaktion „Volle Breitseite“:
Zunächst einmal haben wir ja viel Erfahrung mit dem Kampf für die Stadt in dieser Stadt und es gibt eine direkte Linie der Mieter*innenbewegung der Gründerzeit über die Hausbesetzungs- und Instandsetzungsszene der 70er bis 80er Jahre bis zur Wiederbelebung der Mieter*innen- und Anti-Gentrifizierungsbewegung der Jetztzeit. Diese Kontinuität gibt es auch persönlich und ich freue mich immer, wenn die „Alten“ neben den „Mittelalten“ und den „Jungen“ auf der Straße stehen, um früher einmal erkämpfte Räume heute nicht einfach aufzugeben.

In all diesen Phasen wurde etwas gemacht, das heute vielleicht „Community Building“ genannt wird, also Aktionen, die Verbindungen zwischen den hier lebenden Menschen wachsen lassen, um in der gemeinsamen Beschäftigung zu begreifen, dass es gemeinsame Probleme, Bedarfe und Anliegen gibt, die es auch gemeinsam zu vertreten gilt. Das ist auch die Leitidee, wenn wir dazu aufrufen, gemeinsam als wehrhafter Kiezdrache durch die Straßen zu ziehen, oder bei einer Aktion, bei der die Gewerbetreibenden der O-Straße zusammen das Licht ausmachen, weil einigen von Ihnen von den Vermieter*innen extreme Mietsteigerungen aufgebrummt werden sollen. Sowas sind eben nicht nur Probleme von Einzelnen, sondern es ist ein Problem für den Stadtteil – für den Kiez – für uns alle hier – das Milieu – wenn äußere Kräfte versuchen, hier ein noch einigermaßen funktionierendes gemischtes Stadtsystem durch fortwährende Preissteigerungen bei den Mieten auszupressen.


Volle Breitseite 4#

Jivamukti Kreuzberg: has got all the same stuff you know and love about Jivamukti Yoga —the same tried and true asanas and sequences, the same top-notch tunes and talented teachers, but there is no mistaking it, the Kreuzberg center radiates with a decidedly funky Kreuzberg vibe. The neighborhood is positively vibrating with life, culture, art and diversity. Jivamukti XBerg boasts one of the primest locations possible—you can find us on Oranienstrasse, one of the liveliest and most exciting streets in town. While Oranienstrasse could probably be dubbed “the street that never sleeps”, our beautiful top-floor studio is hidden just behind it, tucked cozily away in a quiet backyard, thus lending the studio something of an urban oasis feel. […] Text: Jivamukti Yoga Kreuzberg


Volle Breitseite 4#

Berlin hat eigentlich einen entscheidenden Vorteil gegenüber Paris, London, San Francisco und wie sie alle heissen diese Hochburgen der weltweiten Gentrifizierung. Paris als Beispiel scheint sich inzwischen komplett lebensverneinend zu geben. Ist Berlin tatsächlich bereit die große Chance durch die besondere historische Lage wahrzunehmen und aus diesen Erfahrungen zu lernen. oder ist es vielleicht längst zu spät?


Volle Breitseite 7#

Im Rahmen der Protestkundgebung Volle Breitseite #7 für die Oranienstr. 25 singt Marieke Wikesjo, ihres Zeichens Opernsängerin, zwei Arien auf der Bühne des Bürgersteiges einer sehr wichtigen Straße.

Zunächst die „3%-Arie“, deren Thema oberflächlich betrachtet ein schnöder Erbpachtzins beziffert auf 3% ist, der aber dennoch viel zu hoch und dadurch lebensentscheidend ist für die realistische Finanzierung authentischer Kultur- und Wohnprojekte, nicht nur dieser Stadt.

Maßgeblich involviert als Laura im „Lauratibor Chor“ und damit auch der Kooperation u.a. der Initiativen Lause Bleibt“ und Ratibor14“ bringt die enorme Stimmdynamik der Sopranistin dabei die ganze Straße, die ganze Protestkundgebung mitsamt Aufnahmetechnik in heftige Schwingungen.

Oper als Protest – aber ja unbedingt, denn der elementare Stoff der Oper sind die „Existenzen“ – meint Marieke und untermauert diesen Gedanken sehr eindrucksvoll mit ihrer gewaltigen Stimme auf einer Bühne der Bürger, dem Bürgersteig vor der Buchhandlung Kisch & Co, der das so nicht täglich gewohnt ist, es aber wie so viele andere auch schon längst verdient.

Es geht um den drohenden Verlust der Kulturstandorte und damit sind keineswegs nur elitäre prestigeträchtige subventionierte Kulturtempel gemeint – ohne Bücher, ohne Musik, ohne lebendige Kreativität ohne traditionelles Gebaren, stirbt jegliche Gemeinschaft über kurz oder lang, egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Somit ist das drohende Kultursterben inzwischen weit mehr als nur symbolisch für „Gentrifizierung“, eines der hässlichsten Begriffe unserer Zeit.

mariekewikesjo #lauratibor


Volle Breitseite 7#

Fil wuchs im Märkischen Viertel auf. Bereits mit vierzehn Jahren veröffentlichte er erste Comics und Zeichnungen. Es erscheinen regelmässig Werke von ihm in Zitty oder der Jungle World. Bekannt sind Fils Comics über „Dieter Kolenda“ und „Andreas Stullkowski“ aus dem Märkischen Viertel, die mit Berliner Dialekt unter dem Titel Didi & Stulle von 1997 bis 2015 zweiwöchentlich erschienen.
Doch auch als Comedian hat er sich einen Namen gemacht, was er eindrücklich und kritisch vor der Oranienstr. 25 beweist.


Volle Breitseite 6#

Stefan Klein, aktiv u.a. bei der Initiative „GloReiche Nachbarschaft“ und selbst Jurist, erläutert Details zu der am 22. September eingegangenen Klageschrift gegen Kisch & Co. Wichtiger Aspekt dabei, das entscheidende Gericht besteht auf das sonst auch übliche „schriftliche Vorverfahren“, in dem den Parteien die Möglichkeiten gegeben wird sich vorab zur Sachlage zu äußern. Der von Vermieterseite geforderte „kurze Prozess“ ohne diese Vorgespräche wurde also vom Gericht nicht akzeptiert.


Volle Breitseite 6#

»Christiane Rösinger ist wohl der einzige Mensch den ich kenne, der gar keine wirkliche Sprechstimme hat, sondern immer in dem ihr eigenen Singsang spricht, indem all ihre Melodien konserviert zu sein scheinen. Die schon geschriebenen wie auch die noch zu schreibenden.« Quelle: Best of Britta. Sie liest die Geschichte von der guten alten Zeit.


Volle Breitseite 6#

»Und zum Schluss noch der Auffangtatbestand der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit, der wirklich alles und jedes abdeckt. Denn das ist ja gerade das klassische Spekulationsmodell. Man kauft ein Haus mit relativ niedrigen Mieten. Durch die Finanzierungskosten des überteuerten Preises bleibt buchhalterisch nix für die Erhaltungsmaßnahmen übrig. Also ist der Tatbestand gegeben und auch noch der letzte Mieter aus seiner Wohnung gejagt.

Die neue Norm des § 250 BauGB-E ist keine Mogelpackung, es ist die Büchse der Pandora. Und wenn man dieser Gemeinheit schon einen Namen gibt, dann sollte man sie nicht im „Baulandmobilisierungsgesetz“ verstecken, sondern beim Namen nennen: Es muss „Tschüss-Mieter-Gesetz“ heißen.«


Volle Breitseite 6#

Arndt Beck liest Gerd Papenfuß: »Reichtum macht geizig. Wer Geiz kultiviert, schottet sich ab, kommandiert rum, martert andere, zermartert sich selbst – und stirbt langsam aus.Wer Reichtum akkumuliert kriegt viel Besuch, besonders ungebetenen. Wer dies verhindern will, muss wenigstens für gleichmäßige Verteilung sorgen.«


Volle Breitseite 5#

BERLIN taz | 6. 8. 2020 – Nach 35 Jahren könnte die Geschichte der linken Nachbarschaftskneipe Syndikat in Neukölln enden. Für Freitag um 9 Uhr ist die Räumung angesetzt. Die Kneipe, die als Kiez-Institution gegen Gentrifizierung und Verdrängung gilt, zieht über den Schillerkiez hinaus viele Unterstützer*innen in Berlin an – wie sich zuletzt bei einer Demonstration gegen die drohende Räumung vergangenen Samstag zeigte, an der etwa 2.500 Menschen teilnahmen. Der Protest dagegen scheint der symbolträchtigste des Jahres.


Volle Breitseite 4#

Annette Maechtel, Geschäftsführerin der ngbk (neue Gesellschaft für bildende Kunst) , erläutert die Situation des Kulturstandortes.

Die Gewerbeimmobilie Oranienstraße 25 ist ein Haus mit einer bisher typischen Mieterinnenstruktur, das seit Jahrzehnten einen sozialen und kulturellen Mittelpunkt für das gewachsene Berliner SO36 darstellt. Die heterogenen Mietparteien mit dem Kreuzberger Traditionsbuchladen Kisch & Co, der neuen Gesellschaft für bildende Kunst e.V. (nGbK), dem Werkbundarchiv – Museum der Dinge, dem Architekturbüro kleyer.koblitz und dem Yogastudio Jivamukti ermöglichen ein breites Spektrum kulturell relevanter Aktivitäten. Das Gebäude ist Treffpunkt, Bildungsstätte und kultureller Ort. Im Herbst letzten Jahres ist die Immobilie, die zuvor im Besitz der Berggruen Holding war, von einem anonymen Luxemburger Immobilienfonds gekauft worden, der offenbar eine flächendeckende Entmietung des gesamten Objektes anstrebt. Die neue Eigentümerschaft versucht mit allen Mitteln anonym zu bleiben. Viele Existenzen sind bedroht, die Mieterinnenschaft und Unterstützer*innen kämpfen um den Kultur- und Kreativstandort.


Volle Breitseite 4#

Berthold Seliger, seines Zeichens Publizist und Konzertagent, über sein Buch „Vom Imperiengeschäft – Wie Großkonzerne die kulturelle Vielfalt zerstören“.

Konzerte, Festivals, Clubs & Soziokulturelle Zentren – Kulturraumschutz ist kein Märchen. Seliger meint dazu: „Niemand würde doch auf die Idee kommen die Philharmonie abzureißen, um da Luxuswohnungen zu erstellen […]“

„Berthold Seliger berichtet über die Neustrukturierung der Märkte in der Musikindustrie. Er nimmt die aktuellen Entwicklungen bei den Konzentrationsprozessen in der deutschen und internationalen Konzertbranche und die dubiosen Tricks im Ticketing zum Anlaß für konkrete Vorschläge, wie man mit konsequenter Gesetzgebung die Machenschaften der Konzerne eindämmen könnte, die die kulturelle Vielfalt gefährden. Seliger erklärt, wie unabhängige Musikclubs, soziokulturelle Zentren und künstlerorientierte Festivals Möglichkeitsräume werden, in denen eine Kultur jenseits der Konzerne stattfinden kann, und wie das Musikstreaming funktioniert. Er beschreibt die soziale Situation von Musikern und Kulturarbeitern und schlägt Lösungen wie Mindestgagen vor. Der Grundgedanke seiner Überlegungen sind immer die Interessen der Musiker und der Konzertbesucher. Nur wenn sich diese gegen die Imperiengeschäfte der Kulturindustrie wehren, wird die kulturelle Vielfalt in unserer Gesellschaft erhalten bleiben.“


Volle Breitseite 4#

Ateliergemeinschaft Glogauer Strasse 6: „In den letzten Jahren hat sich die Marktsituation in unserer Stadt im positiven Sinne dynamisch entwickelt. Diese Entwicklung blieb nicht ohne Einfluss auf den Mietmarkt für Gewerbeflächen, insbesondere auch in Kreuzberg. Solche nach dem höchsten Profit orientierten Mieten sind auch für Künstler*innen und Kreative einfach nicht zu tragen!
Nach mehreren Treffen und Verhandlungsrunden mit einem Mitarbeiter der Kuthe GmbH, um ein neues Angebot zu verhandeln, blieb das Ergebnis negativ, dieses Mal mit der Ansage uns „keine Sonderbehandlung erteilen zu können“. Danach wurde die Kündigung des Mietvertrages zum 31. Mai 2020 durch die Arnold Kuthe Immobilienverwaltungs- GmbH ausgesprochen.
Wir sind eines der letzten Künstlerateliers in der Glogauer Strasse 6, einem Haus mit einer über 40-jährigen Ateliertradition. […}“ Textauszug aus Petition der Ateliergemienschaft


Volle Breitseite 3#

Volle Breitseite 3#

Meret Becker mit Kai

was ich habe will ich nicht verlieren
aber wo ich bin will ich nicht bleiben
aber die ich liebe will ich nicht verlassen
aber die ich gerne habe will ich nicht mehr sehn
aber wo ich lebe will ich nicht sterben
aber wo ich sterbe da will ich nicht hin
leben will ich wo ich nie gewesen bin


Zeilen im experimentellen Gewand der Töne, die zwar plakativ aber doch sehr tiefgründig die derzeitige Zerrissenheit zum Thema haben, obwohl sie aus einer anderen Zeit stammen. Die Zeilen hier betreffen die einen hier genauso wie die anderen dort.


Volle Breitseite 3#

Canan Bayram: „Wenn ihr Geld habt – spült es im Klo runter, macht was wo es anderen nicht schadet – aber zerstört doch nicht die Jobs, die Nachbarschaft, den Lebensraum von Leuten, denen es eben nicht nur ums Geld geht“


Volle Breitseite 3#

Volle Breitseite 3#

Volle Breitseite 2#

Volle Breitseite 2#

Volle Breitseite 3#

Volle Breitseite 3#

Volle Breitseite 2#

Volle Breitseite 2#

Volle Breitseite 1#

Connie, Mitinitiatorin nicht nur der Initiative „OraNostra“ zum Gewerbemietrecht: „… das kann man in zwei, drei Sätzen zusammenfassen – es gibt keines!..“

Volle Breitseite 3#

Volle Breitseite 3#

Volle Breitseite 2#

Volle Breitseite 2#

Volle Breitseite 1#

„Und seit dem ich hier lebe, das sind etwa 25 Jahre, ist diese Buchhandlung immer ein kultureller Brennpunkt …“


Volle Breitseite 1# – 24. Juni 2020

Thorsten Willenbrock, erklärt die Situation der Buchhandlung mit der „langen Geschichte“.
Die Buchhandlung Kisch & Co besteht bereits seit fast drei Jahrzehnten in der Oranienstraße. Mit ihren zahlreichen Kulturveranstaltungen ist sie nicht nur ein wichtiger Begegnungsort im Kiez und neben anderen alteingesessenen Läden ein Anziehungspunkt für die Nachbarschaft wie gleichermaßen die Tourist*innen. Die Oranienstr. 25 hat eine enorm große Bedeutung für die Kulturstadt Berlin.

2 Kommentare

  1. Ruth|25. August 2020

    Ich verstehe nicht, warum ihr den 2. Teil der Reden zum Hermannplatz vom 12.08. 20 nicht auch ins Netz stellt, es würde uns von der Ini helfen in weitere Kreise hinein zu mobilisieren, die ich in meinem Teil angesprochen habe und die auch auf unserer Kundgebung reden sollen,,,,,,,,, falls das noch möglich ist.

    Ruth

    • Arno|27. September 2020

      Hallo Ruth,
      obwohl die Kommentarfunktion auf der Webseite eigentlich eingestellt ist, ist der Kommentar an sich soweit nicht zu sehen gewesen und läuft mir selbst tatsächlich auch erst heute über den Weg.
      Sorry, wir müssen das auf der Webseite korrigieren.

      Zu deiner Anfrage – du meinst mit 2.Teil deine? Rede direkt im Anschluß zu Niloufar? – denke ich mal… Ja, es ist leider aus Kapazitätsgründen so, dass noch einige Redebeiträge der inzwischen #6 Veranstaltungen nicht auf der Webseite zu finden sind. Schwer da wirklich im 14-tägigen Rhythmus nachzukommen. Ich mag das aber gerne nachliefern – war mir in dem Moment auch nicht so 100% klar, dass ihr eigentlich gemeinsam für die Initiative gesprochen habt – deswegen die Abtrennung der Beiträge. Anyway, es geht um diesen Teil, oder?: https://youtu.be/_uQFErNY3NM

      Wenn ja, bringe ich den ebenso auf die Webseite (https://nage-netz.de/2020/09/volle-breitseite-fuer-die-oranienstrasse-25-performances-songs-redebeitraege-im-sommer-2020-vor-dem-kulturstandort/) auch wenn vielleicht etwas spät – aber wie gesagt, dein Kommentar war leider gar nicht im Aug. „ans Licht“ gekommen und das finden wir selbst auch nicht gut 😉

      Wie ist deine email – oder anders gesagt, am besten ein feedback hierzu an web@nage-netz.de schicken, danke.
      Gruß, Arno

      ———————————–
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